Gemeinsame Innovation

Transfernetzwerke als regionale Wirtschaftsförderung

In unserem heutigen Blogbeitrag möchte wir die Wichtigkeit von Transfernetzwerken für die regionalen Wirtschaftsförderung beschreiben.

An den Schnittstellen zwischen Hochschulen und ihren regionalen Umfeldern schlummert ein enormes Innovationspotenzial für Deutschland. Im Fokus steht die Vernetzung, Interaktion und Partizipation unterschiedlicher Akteure. Ein weiteres zentrales Anliegen ist es, die diversen Fähigkeiten und Kompetenzen zusammenzuführen und diese an die passenden Partner weiterzugeben. Die Fähigkeit zum Transfer von Wissen und Kenntnissen ist neben der Forschung und Lehre ein unerlässliches Merkmal einer modernen Hochschule.

Das Transfernetzwerk

Transfernetzwerke sind ein Zusammenschluss von mehreren Partnern, wie z.B. Universitäten oder der Industrie und Wirtschaft. Diese streben einen Wissensaustausch, vorrangig über neuartige Technologien oder Geschäftsprozesse, an. Der Austausch hilft allen Partnern einen größtmöglichen Blickwinkel auf das jeweilige Projekt zu ermöglichen, um etwaige Vor- aber auch Nachteile klassifizieren und lösen zu können. Die Universitäten übernehmen dabei häufig die Technologieentwicklung, da sie freier beim Erforschen von Neuem sind, nicht zwangsläufig eine Rentabilität fokussieren und eher eine Wissensgenerierung verfolgen. Die Industrie und Wirtschaft sind die Akteure, welche die Rentabilität stärker fokussiert und somit bestmöglich eine erfolgsversprechende Diffusion im Markt ermöglichen können. Der langwierige und meistens sehr kostspielige Prozess der Wissenserforschung ist in der Wirtschaft häufig mit dem Druck des Erfolges verbunden, welcher die Universitäten nicht so stark prägt. Ein solcher Zusammenschluss birgt ein enormes Potenzial im Hinblick auf eine tragfähige Zukunft, in welcher sowohl die Wissensgenerierung als auch deren Vermarktung stärker und effizienter durchgeführt werden kann. Unternehmen können ggf. Ideen, welche sie gerne testen würden, in einem geschützten, know-how-geladenen Raum durchdenken lassen und schaffen so freie Ressourcen, welche sie wiederum an anderer Stelle im Unternehmen einsetzen können. Eine beispielhafter Aufbau einer solchen Transferstruktur wird vom Bundesministerium für Forschung und Bildung durch die sog. „Innovativen Hochschule“ verkörpert.

Abbildung 1: www.bmbf.de

Einzelne Forschungsergebnisse, welche von den Hochschulen entwickelt worden sind können so auf direktem Weg in die Wirtschaft, Gesellschaft oder Kultur eingebettet bzw. verwertet werden. Dabei ist dieser Prozess keineswegs eine Einbahnstraße, sondern eine wecheselseitige Beziehung und somit können auch konkrete Bedürfisse oder Projekte ausgende von der Verwertungsseite „zurück“ zu den Hochschulen gebracht werden, um so spezifisch Forschungsergebnisse hervorzubringen. Dieses Gepflecht birgt daher wie eingangs erwähnt besondere Vorteile gegenüber dem Wettbewerb ein Alleinstellungsmerkmal zu generien und aus einem Ressourcenpool zu schöpfen, welcher nahezu unerschöpfbar ist.

Die dritte Mission der Hochschulen

Die Initíative des Bundes spricht dabei von der sog. Dritten Mission für Hochschulen. Diese gliedert sich in die Aufgabenbereiche: Bildung und Lehre, Forschung und Entwicklung und Transfer und Innovation. Die Aufgabenbereiche Forschung und Lehre werden dabei als die wichtigsten hervorgehoben. Im engeren Sinne wird unter der dritten Mission der klassische Wissens- und Technologietransfer an Dritte verstanden. Im weiteren Sinne umfasst der Begriff nicht nur die Verbreitung von Forschungserkenntnissen, sondern es fallen alle Aktivitäten darunter, die geeignet sind, eine Gesellschaft in ihrer sozialen, kulturellen und ökonomischen Entwicklung positiv zu beeinflussen und zu erneuern.

Ein viertel der befragten Hochschulen nehmen ihre gesselschaftliche Verantwortung bereits aktiv war und unterstützen mit Transferangeboten die Unternehmen. Jedoch legen bis jetzt nur ca. ein zehntel aller Hoschulen einen eindeutigen Fokus auf die dritte Mission, was ein ernüchterndes Resume ist. Anderseits sind bereits 93 Prozent der Fachhochschulen im Bereich der außerschulischen Vernetzung aktiv oder sogar sehr aktiv.

Hochschulen können dabei als ein Impuslgeber für Neuerungen und Fortschritt sein, indem sie wichitige Fragestellungen aus ihrem regonalen Umfeld aufgreifen und für diese nach Lösungen forschen.

Weitere Informationen zu der Initative des Bundes entnehmen Sie bitte der nachfolgenden Seite:

https://www.innovative-hochschule.de/

Best Practise

Als eines der erfolgreichen Praxisbespiele konnte sich die Universität Magdeburg herausstellen. Diese implementierte eine regional, erfolgreiche Transferstruktur, durch eine strukturierte Status-Quo Analyse, die die regionalen Gegebenheiten fokussierte und in greifbare Handlungsempfehlungen für die Zukunft überführte.

Die Ausgangslage kann so beschrieben werden: Die die Außenwahrnehmung der ansässigen Transferinstitute wurde nicht oder nur teilweise wahrgenommen und daher kam es zu einer geringen Anzahl an Ausgründungen in der Region. Dieser Missstand wurde durch die folgenden Eckpunkte 1. Die Projektlaufzeit, 2. die Verwertung und 3. das Ziel klassifiziert und es galt diese aufzulösen. In Bezug auf die Dauer der Projekte wurde von der Wissenschaft eine langfristige Planung gewählt, im Gegensatz zu der Wirtschaft, die eher kurzfristige Projekte bevorzugt. Der zweite Aspekt, die Nutzung der Ergebnisse, wurde von der Wissenschaft anhand von Publikationen festgelegt, was wiederum im Widerspruch zur Wirtschaft stand, die an der Geheimhaltung interessiert war. Das Ziel der Wissenschaft war die Erlangung von Erkenntnissen, während das Ziel der Wirtschaft die Gewinnmaximierung war. Um diesen Missstand zu verdeutlichen: Lediglich 10 Prozent der Kooperationsbeziehungen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft wurden tatsächlich umgesetzt. Stattdessen wird eine mangelhafte Kommunikationsinfrastruktur als Ursache genannt.

Die Absorptionsfähigkeit der Wirtschaft spielt beim Matching zwischen dem Angebot an wissenschaftlichem Know-how an Universitäten und der regionalen Nachfrage danach eine entscheidende Rolle. Vor allem in wirtschaftlich kleineren Regionen fehlen häufig die notwendigen menschlichen und finanziellen Ressourcen, um F&E-Wissen aufnehmen zu können. Ein weiterer wichtiger Faktor für einen erfolgreichen Transfer ist die Komplementarität von regionaler Nachfrage und Angebot, die ständig abgeglichen werden muss. Dabei sollten notwendige Strukturänderungen langfristig und dauerhaft ausgerichtet sein, um erfolgversprechend zu sein.

Wie bereits erwähnt wird die Kommunikation häufig als unzureichend empfunden. Die Wirtschaft hat folgende Gründe dafür genannt: Die wissenschaftlichen Schwerpunkte entsprechen nicht den F&E-Bedürfnissen der Unternehmen, die Möglichkeiten der Zusammenarbeit sind unbekannt und es fällt schwer, den richtigen Ansprechpartner zu finden. Zudem gibt es Schwierigkeiten bei unterschiedlichen Forschungsschwerpunkten oder -bedarfen (divergierende Projektlaufzeiten, unterschiedliche Anforderungen an die Verwertung von Ergebnissen [Schutzrechte vs. Publikation] und Bürokratie).

Um eine Lösung für diese Probleme zu finden, wurden folgende Kernpunkte identifiziert: Verbesserte Kommunikation, unternehmensnahe Ausbildung innerhalb der Hochschule und eine verbesserte Nutzung der vorhandenen Infrastruktur. Die Universität Magdeburg hat dies im Projekt "Pro-Active Science Transfer" aufgegriffen und umgesetzt.

Folglich resultierte die Strategie in der Umsetzung der sogenannten dritten Mission der Hochschule:

Für eine erfolgreiche Umsetzung ist die Entwicklung einer zentralen universitären Transferstrategie erforderlich, welche die Verknüpfung von Normen und Regelungen für die Verwertung des Forschungswissens einschließlich aller Fachbereiche miteinbezieht. Die Zusammenführung und Zentralisierung, das Monitoring sowie das aktive Management aller bestehenden Projekte und Strukturen stellen die Grundvoraussetzungen für einen langfristigen und nachhaltigen Transfer dar.

Die Transfer Unit ist der einzige Ansprechpartner für alle Transferbereiche und agiert sowohl als universitätsinternes Institut als auch als externe GmbH. Sie dient als Plattform oder Portal für eine breite Palette von Transferkanälen (Publikationen, Konferenzen, Lehre usw.). Zu ihren Aufgabenbereichen gehören unter anderem die Transferevaluierung, der Schutzrechtsprozess, die Gründungsbegleitung und die Markt- und Verwertungsanalyse.

Das Transfer Team sollte unter anderem Kompetenzen in Technik, Wirtschafts- und Vertragsrecht oder dem Monitoring und der Evaluierung aufzeigen. Die zu verfolgende Philosophie des Teams sollte dabei nach der folgenden Ablauforganisation ausgerichtet werden:

  • Aktivität: proaktive Strategieentwicklung und konsequente Eigeninitiative in der Verwertung
  • Information: Mitarbeiter sind in der Lage, sich zu allen Einrichtungen sowie Forschungs- und Lehrschwerpunkten zu informieren
  • Kommunikation: universitätsübergreifender Austausch mit festen Ansprechpartnern (z.B. Dekanatsreferenten) in den Fakultäten
  • Integration: funktionierende Transfermechanismen werden übernommen und weiterentwickelt
  • Entrepreneurshipfähigkeit: alle Verwertungspotentiale werden aus der unternehmerischen Perspektive betrachtet und aufgearbeitet

 

Des Weiteren sind die interdisziplinären Persönlichkeitskompetenz und Erfahrung des Transfer-Teams entscheidende Erfolgsfaktoren.

Eine Studie von Jörg Bühnemann und Bernd Neutschel, welche in Kooperation mit der Universität Magdeburg und der dortigen Fakultät für Wirtschaft und Management durchgeführt wurde, kann als ein mögliches Exemplar angesehen werden, um eine erfolgreiche Transferstruktur mit den Partnern Wirtschaft und Wissenschaft regional zu verankern und zu fördern.

Weitere Informationen zu der Studie entnehmen Sie bitte der nachfolgenden Seite:

https://journals.ub.ovgu.de/index.php/FEMM-WPS/article/view/280

Das EDIH-Programm

Eine Möglichkeit diese Netzwerke zu fördern bzw. aufzubauen liefert das European Digital Innovation Hub kurz (EDIH) Programm. Dieses ist ein Konsortium, welches in erster Linie KMU und small midcaps bei der digitalen Transformation unterstützt und dabei nicht direkte Gewinnabsichten verfolgt, sondern den Ansatz des „Ausprobierens vor dem Investieren“ verkörpert.

 

  1. Das EDIH
    Ist eine non-profit Organisation bzw. Konsortium, welche/s den öffentlichen Sektor bei der digitalen Transformation unterstützt. Im Fokus stehen vor allem Unternehmen aller Größen, insbesondere KMU, Midcaps, Scale-ups und der öffentliche Sektor

     
  2. Dienstleistungen des EDIH


    ​​Test before invest

    Eine Aufgabe der EDIHs ist es, das Bewusstsein für die digitale Transformation zu schärfen und Fachwissen, Know-how und Dienstleistungen im Bereich der digitalen Transformation, einschließlich Test- und Experimentiereinrichtungen, bereitzustellen oder den Zugang zu diesen zu gewährleisten.

    Skills and training

    Die EDIHs sollen auch Unterstützung beim Aufbau der tiefergehenden Digitalisierungskompetenz leisten. Dies kann z.B. durch die Koordination mit Bildungsanbietern für die Bereitstellung kurzlaufender beruflicher Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten und die Vermittlung von Praktika geschehen.

    Support to find investments

    Eine weitere Aufgabe ist die Unterstützung von Unternehmen, insbesondere KMU und Startups sowie der öffentlichen Verwaltung, um durch den Einsatz neuer vom Programm Digitales Europa abgedeckter Technologien wettbewerbsfähiger zu werden und Geschäftsmodelle zu verbessern.

    Innovation ecosystem and networking

    Die EDIHs sollten als Vermittler fungieren, um Unternehmen und Verwaltung, die neue technologische Lösungen benötigen, mit Anbietern, insbesondere Startups und KMU, die über marktreife Lösungen verfügen, zusammenzubringen.

  3. Die Laufzeit der einzelnen EDIHs

    Die Förderung der EDIHs beträgt bis zu sieben Jahre ab Sommer 2021. Dabei wird die Förderung der einzelnen EDIHs aufgeteilt, in eine Förderung von drei plus vier Jahre (sofern der Start in 2021 ist), bzw. 3+x Jahre (sofern Start des jeweiligen EDIH nach 2021 ist).

     
  4. Die Finanzierung der EDIHs

    Die EU-Förderung der EDIHs ist an eine nationale Ko-Finanzierung von mindestens 50 Prozent gebunden. Als mögliche Quellen der Ko-Finanzierung von EDIHs in Deutschland sind Mittel des Bundes, der Länder, der Kommunen sowie Mittel von Unternehmen, Verbänden und/oder Stiftungen zulässig. In besonderen Fällen können auch Mittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und dem europäischen Sozialfonds (ESF) eingesetzt werden. Nach den Vorgaben der EU kann der nationale Anteil entweder als direkter finanzieller Beitrag oder als sogenannte „in-kind-contribution“, d.h. über Sach- und Dienstleistungen, erfolgen. Deutschland plant, den nationalen Anteil der Ko-Finanzierung in der Regel über „in-kind-contribution“ als zurechenbare geldwerte Leistungen, zu erbringen. Die nationale Finanzierung der EDIHs kann dadurch mittelbar über bereits laufende öffentliche Fördermaßnahmen, welche inhaltliche und zeitliche Schnittmengen mit den geplanten Aktivitäten der EDIHs haben, abgedeckt werden.
     
  5. Das Budget und Höhe der Einzelförderung eines EDIHs

    Derzeit sieht der Entwurf für den Haushaltsplan der Europäischen Union für die Jahre 2021 bis 2027 für Deutschland insgesamt ein Budget von ca. 122 Mio. Euro für die EDHIs vor. Für die einzelnen EDIH ist eine Förderung seitens der EU in Höhe von jeweils 0,5 bis 1 Mio. Euro pro Jahr vorgesehen.

 

Weitere Informaionen zum Programm entnehmen Sie bitte der nachfolgenden Seite:

https://www.de.digital/DIGITAL/Redaktion/DE/Dossier/european-digital-innovation-hubs.html

Diesen Ansatz greift die TU Dortmund auf und schafft durch die TU concept einen Partner, welcher als Transferagent (Transfer Unit) zwischen Industrie und Forschung agiert. Die TU concept ist damit das Bindeglied zwischen den Kompetenzzentren der TU Dortmund, welche die Forschung übernehmen und der Industrie, welche die Umsetzung der Ideen durchführt.